– English version below –

Schwellenzeiten

Es gibt besondere Zeiten in unserem Leben: Zeiten, in denen Entscheidungen zu treffen sind, Zeiten, in denen es gilt, Vertrautes zu verabschieden und Neues zu umarmen.

So eine Zeit ist für viele das Ende des Sommersemesters: Für manche endet das Studium oder zumindest ein wichtiger Studienabschnitt. Für manche heißt es, Abschied nehmen aus ihrer bisherigen Wohnung oder WG. Für manche beginnt ein neuer Job, eine neue Herausforderung.

Viele Menschen in unserem Land haben in diesem Sommer darüber hinaus die Hoffnung, dass die bleierne Zeit der Corona-Lockdowns endet, dass jetzt wieder ein geselligeres, fröhlicheres Leben beginnt. Für andere fühlt es sich ungewohnt und fast fremd an, wieder unter Menschen zu sein.

Schwellenzeiten sind Zeiten der Chance. Im Rückblick, der sich unwillkürlich aufdrängt, kann ich erkennen, was wertvoll und wichtig war in der Vergangenheit, aber auch, was mir gefehlt hat. Ich kann die Weichen neu stellen, über die der Zug meines Lebens eine andere Richtung bekommt.

Schwellenzeiten sind auch Zeiten der Unsicherheit. Sie erinnern daran, dass wir unser Leben nur begrenzt planen können. Während wir im üblichen Trott des Alltags gerne vergessen, dass das, was ist, nicht selbstverständlich ist, zwingen uns Schwellenzeiten, den Blick zu heben und weiter zu schauen – zum Horizont unseres Lebens.

Für diejenigen unter uns, die die christliche Hoffnung teilen, ist unser ganzes Leben eine Schwellenzeit. Wir sind auf dem Weg in eine Zukunft, die wir nicht kennen, von der wir aber vertrauensvoll glauben, dass sie eine Zeit der Gerechtigkeit, des Friedens und der Liebe sein wird. Auf diesem Weg gilt es, immer wieder Entscheidungen zu treffen, manchmal auch umzukehren. Oft müssen wir Vertrautes zurücklassen und äußerlich wie innerlich loslassen.

Dass Ihr dieses Loslassen nicht als Verlust begreift, sondern als Freiheit; dass Ihr nicht bei der Trauer über das Gewesene stehenbleibt, sondern Euch auf das Kommende freut und Lust habt, es anzupacken; dass Ihr bei all dem spürt, dass Ihr begleitet und gesegnet seid: Das wünsche ich Euch!

 

Eure Hochschulseelsorgerin

Barbara Göb

 

– English version –

Threshold times

There are special times in our lives: Times when decisions have to be made, times when it is time to say goodbye to the familiar and embrace the new.

For many, the end of the summer semester is such a time: For some, their studies, or at least an important part of their studies, come to an end. For some, it means saying goodbye to their previous flat or room-sharing community. For some, a new job or a new challenge begins.

In addition, many people in our country have the hope this summer that the leaden time of the Corona lockdowns will end, that a more sociable, happier life will now begin once more. For others, it feels unfamiliar and almost foreign to be among people again.

Threshold times are times of opportunity. In retrospect, which imposes itself involuntarily, I can recognise what was valuable and important in the past, but also what I was missing. I can set a new course that will change the direction of my life.

Threshold times are also times of uncertainty. They remind us that we can only plan our lives to a limited extent. While in the usual grind of everyday life we tend to forget that what is cannot be taken for granted, threshold times force us to lift our eyes and look further – to the horizon of our lives.

For those of us who share Christian hope, our whole life is a threshold time. We are on the way to a future that we do not know, but which we trust will be a time of justice, peace and love. On this path we have to make decisions again and again, sometimes also to turn back. Often we have to leave familiar things behind and let go, both externally and internally.

I wish that you do not see this letting go as a loss, but as freedom; that you do not remain in sadness over what has been, but look forward to what is to come and feel like tackling it; that you feel that you are accompanied and blessed in all of this!

 

Your university chaplain

Barbara Göb