Postkasten Uni

Gedanken zur weihnachtlichen Zeit

Gerade komme ich vom Briefkasten auf dem Campus. Ein Stoss weihnachtliche Post wollte noch auf Reisen gehen in alle Welt.
Seit ein paar Wochen mag ich diesen Briefkasten besonders. Ein Student (vermute ich mal) hat mit dickem Filzstift „Nur Liebesbriefe“ auf den Einwurfschlitz des postgelben Kastens geschrieben.
Schön!
Denn das Hochfest der Menschwerdung Gottes ist ein Fest der Liebe.
Nein, damit meine ich jetzt nicht nur, dass wir uns beschenken, teilweise auch mit Geschenken zudecken, dass vom Sinn von Weihnachten nichts mehr zu entdecken ist,
ich meine, dass das Weihnachtsfest eine ganz besondere Liebesgeschichte zwischen dem Gott der Christenheit und den Menschen ist.
Wenn wir die adventliche Zeit auch als „Sehnsuchtszeit“ verstehen, die sich vielleicht auch in dem Beatles-Titel „All you need is love“ widerspiegelt oder wie es die Altvorderen ausdrückten, als Zeit der Erwartung, dann erfüllt sich das Sehnen, das Warten, die Verheißung in einer Liebesfülle, die in der Geschichte der Menschheit ihresgleichen sucht. Das Pink Floydsche „Wish you were here“ findet Erfüllung, findet Verwirklichung und bleibt nicht himmlisch weit entfernt.
„Nur Liebesbriefe“, das sind Briefe, die Gott an Weihnachten selbst schreibt – an uns!
Gott kann nicht anders als Liebe. Und: Liebe ist ansteckend!

Lass Liebe
lass Liebe sprechen
und nicht das Negative rächen

lass Liebe geschehen
und du wirst
überall Gottes Spuren sehen

lass Liebe fliessen
und du kannst
dein Leben
deine Träume geniessen

lass Liebe entspringen
sie lässt alle Hindernisse überwinden

lass Liebe neu entstehen
lass das Alte vergehen
um in der Liebe neu aufzuerstehen

So formuliert es die Schweizer Lyrikerin Christine Irtenkauf.

Und im Taizeabend vor einigen Wochen haben wir uns wieder die Worte aus dem 1. Johannesbrief einverleibt, ein poetisch-frommer Text:
Liebe Schwestern und Brüder, wir wollen einander lieben; denn die Liebe ist aus Gott und jeder der liebt, stammt aus Gott. Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; denn Gott ist die Liebe.
Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm.
Feiern wir Weihnachten als Fest der Liebe, bei aller Verzweiflung, die ausgehalten werden will, über den Zustand dieser Erde.
Feiern wir Weihnachten so, als würden wir einen Liebesbrief öffnen, den Gott nur an mich geschrieben hat. Stellen wir uns vor, was Gott uns schreiben würde…

Wie schon häufiger geschehen, möchte ich auch in diesem Jahr abschließen mit
dem von mir sehr geschätzten Hanns Dieter Hüsch:

Mein Bekenntnis

Ich setze auf die Liebe
Das ist das Thema
Den Hass aus der Welt zu vertreiben
Bis wir bereit sind zu lernen
Dass Macht Gewalt Rache und Sieg
Nichts anderes bedeuten als ewiger Krieg
Auf Erden und dann auf Sternen

Ich setze auf die Liebe
Wenn Sturm mich in die Knie zwingt
Und Angst in meinen Schläfen buchstabiert
Ein dunkler Abend mir die Sinne trübt
Ein Freund im anderen Lager singt
Ein junger Mensch den Kopf verliert
Ein alter Mensche den Abschied übt.
Ich setze auf die Liebe.

Denn jeder weiß woran es liegt
Doch es hat noch niemand den Hass besiegt
Ohne ihn selbst zu beenden
Er kann mir sagen was er will
Er kann mir singen wie er’s meint
Und mir erklären was er muss
Ich setze auf die Liebe. Schluss!

In diesem Sinne wünsche ich Euch Allen ein friedliches, ein mit Liebesbriefen Gottes gesegnetes Weihnachtsfest!

Thomas Ries
Hochschulseelsorger
KHG Bayreuth
Weihnachtliche Zeit 2015/16